Lippenbekenntnisse eines Strichers by William Maltese

Lippenbekenntnisse eines Strichers by William Maltese

Autor:William Maltese
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: General Fiction
Herausgeber: Bruno Gmünder
veröffentlicht: 2012-11-15T00:00:00+00:00


Zweiter Teil

ANDERE

CAL (UND PETER)

Mein erstes homosexuelles Erlebnis hatte ich mit achtzehn. Ich ließ mir von einem Tennisprofi für fünfzig Mäuse einen blasen. Natürlich wusste ich vorher schon, dass ich schwul bin. Ich wusste nur nicht, dass ich soviel Geld verdienen konnte, wenn ich meinen Schwanz und meinen Arsch vertickte. Aber das brachte mir der Tennisprofi ja bei.

Ich bin jetzt sechsundzwanzig. Heute verdiene ich nicht mehr all mein Geld damit, dass ich auf den Strich gehe. Im Lauf der Jahre habe ich einige gute Investitionen getätigt. Ich habe einen Abschluss in Betriebswirtschaft. Ich spreche fünf Sprachen fließend, und zwei weitere kann ich lesen. Seit ein paar Jahren lebe ich in Japan.

Wenn man seinen Körper für Geld (in diesem Fall für Yen) verkaufen will, gibt es so einige Japaner, die diese Entscheidung aus naheliegenden Gründen begrüßen, und die können sehr großzügig sein – und darüber hinaus auch hingebungsvolle und treue Liebhaber. Ein Stricher muss es generell und überall vermeiden, Gefühle zu investieren, solange er sie nicht intelligent als Teil seiner allgemeinen, langfristigen Strategie einzusetzen weiß.

Wir Stricher haben nicht ewig, um es zu etwas zu bringen. Unsere Arbeitsjahre sind verdammt begrenzt. Manch einer von uns muss schon mit dreißig in Rente. Wenn wir es aber erstmal zu was gebracht haben, besteht die Möglichkeit (falls wir klug gewesen sind, eine treue Kundschaft besitzen und körperlich und geistig gut auf uns geachtet haben), dass wir unsere Arbeitszeit um weitere fünf Jahre verlängern. Trotzdem bleibt uns selbst bei dieser (vielleicht noch zu großzügig bemessenen) Vermarktungsdauer verhältnismäßig nur eine verdammt geringe Spanne, um genug zu verdienen, damit wir uns zur Ruhe setzen können. Und jedes Jahr nicht profitorientierten emotionalen Engagements, das unserer begrenzten produktiven Phase entzogen wird, kann die Chance vermindern, je eine Alterssicherung zu erreichen.

Ein Junge, den ich kannte und der alle Aussichten auf Erfolg in der Branche hatte, verliebte sich in einen Bankmanager. Sie lebten drei Jahre lang zusammen, bevor es zu dem unvermeidlichen Bruch kam. Der Stricher hatte am Ende nichts als ein gebrochenes Herz, einen überstrapazierten Kiefer, einen wunden Arsch und drei vergeudete Jahre seiner besten Zeit.

Ich will damit nicht sagen, wir sollten all unsere Gefühle fünfzehn Jahre oder so in einer Schublade wegstecken, um sie dann wieder rausziehen, wenn es passt, nämlich dann, wenn unsere profitablen Jahre als männliche Prostituierte – wenn man so will – im Arsch sind … obwohl das eigentlich kein schlechter Rat wäre, wenn ich es mir recht überlege. Ich will nur sagen: Wenn wir uns verlieben, sollten wir unsere Liebe besser mit etwas praktischem Sinn und gesundem Menschenverstand abfedern. Wir müssen Vorkehrungen für den Fall treffen, dass die Liebe einmal zu Ende geht. Wir können es uns nicht leisten, dass eine Liebesgeschichte unserem angestrebten Ziel in die Quere kommt.

Ich weiß, dass jeder erfolgreiche Stricher einen Zeitplan hat. Er kennt sein Ziel und weiß, wie weit er auf seinem Weg gekommen ist. Wenn er ›heiratet‹ oder ›eine Bindung eingeht‹, hält er an seinem ursprünglichen Plan fest. Er



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